Samstag, 31. Januar 2004
Spiegel [1]
Ich habe viele Spiegel in meiner Wohnung. vom Trödler, auf der Straße gefunden, noch von früher. Alle zeigen Spuren, Kratzer, abgestoßene Ecken, und die alten, schweren aus Blei haben dunkle Stellen.
Sie passen zum Gesicht, das sie mir zeigen: es trägt auch Spuren, Narben der Zeit, Zeichen von Lust und Verlust.
Die Lachfalten, die nicht mehr klein, sondern tief sind und dennoch was Leichtes haben.
Die Müdigkeit nach einem langen und vor allem nach einem tristen, anstrengenden Alltag.
Die Neugier im Blick, die ich nie verlieren will.
Die Verachtung, die ich erst lernen musste und die gut tut gegen jene, an die ich mich nur verschwendet habe.
Das Lachen, das vergessen lässt.

"Eure Liebe zur Vergangenheit ist ein Raub an der Zukunft."
Friedrich Nietzsche

Später mal werde ich schwarze Schleier über die Spiegel hängen. Aber wegräumen werde ich sie nicht.